Neue Briefe…..

Heute Morgen bin ich bei LinkedIn über einen Beitrag des Economist gestolpert. Verlinkt wurde im Beitrag auf diesen Artikel. Schon in der Unterzeile des Artikels standen die Worte, die mich (natürlich) magisch anzogen – „A book that caused a scandal….“. Mehr braucht es nicht, um mich neugierig zu machen. Und ja, diese „Geschichte“ passt tatsächlich zu meinem Jahresthema „Wie kommt das Neue in die Welt?“.

Im Jahr 1971 befindet sich Portugal in einer Diktatur unter Marcelo Caetano. Kurz zuvor hat die feministische Schriftstellerin, Journalistin und Aktivistin Maria Teresa Horta ein Buch veröffentlicht, in dem es (zumindest auch) um weibliche Lust geht. Kein Thema, dass das damalige portugiesische Regime begeistert. An einem Sommerabend wird sie von einem Auto verfolgt, zunächst verbal eingeschüchtert und bedroht und schließlich wohl auch so stark verletzt, dass sie in einem Krankenhaus landet. Damit wollte man sie von weiteren unerwünschten Veröffentlichungen abhalten. Doch als sie ein paar Tage später ihren Kolleginnen und Freundinnen Maria Isabel Barreno und Maria Velho da Costa davon erzählt, passiert etwas ganz anderes. Die drei Marias (so werden sie tatsächlich bezeichnet) beschließen (so der Artikel), gemeinsam ein Buch zu schreiben. Und was für ein Buch!

Die drei Schriftstellerinnen erschaffen gemeinsam das Buch mit dem Titel „Neue portugiesische Briefe“ (Novas cartas portuguesas). Aber – wo es „neue Briefe“ gibt, muß es irgendwann auch „alte Briefe“ gegeben haben. Diese „alten Briefe“ sind für diese Geschichte und das Buch und das, was an diesem Buch neu ist, von großer Bedeutung. In der Zeit ab 1663 bis 1668 gab es – so die Einleitung des Buches mit den „alten Briefen“ – in jedem Sommer „Kriegshandlungen“ (wohl zwischen Spanien und Frankreich), die räumlich auch Portugal betrafen. 1668 erlangte Portugal seine Unabhängigkeit. Im Jahr 1669 erschienen die sogenannten „Portugiesischen Briefe“ (Lettres portugaises) in Paris. Es sollte sich dabei um eine französische Übersetzung von fünf Briefen einer portugiesischen Nonne an einen französischen Offizier handeln. Es wurde damals heftig darüber gestritten, ob die Briefe echt waren oder es sich um einen Briefroman handelte. Man ging zunächst eher davon aus, dass die Nonne Mariana Alcoforado diese Briefe geschrieben hat. Es gab aber keine portugiesischsprachige Fassung dieser Briefe. Gabriel der Guilleragues bezeichnete sich zunächst als Übersetzer und gab an, die originalen Briefe verloren zu haben. Mittlerweile ist sich die Forschung einig, dass er den ersten Briefroman der französischen Literatur geschrieben hat.

Etwas Neues – die neue Gattung „Briefroman„. Die „Portugiesischen Briefe“ waren mir bis heute Vormittag unbekannt. Mittlerweile habe ich mir die französischsprachige Fassung als Ebook heruntergeladen, wer eine deutschsprachige Fassung sucht, wird beim Projekt Gutenberg fündig (Übersetzung von Rilke). Bei der Suche nach dem Begriff „Briefroman“ bin ich dann auf den wohl sehr spannenden (und bösen) Briefroman „Loveletters between a Nobleman and his Sister“ von Aphra Behn gestoßen. 1683 wurde dieser Roman veröffentlich – ob Aphra Behn die „Lettres portugaises“ kannte? Und ja, auch den Roman habe ich zwischenzeitlich heruntergeladen (englischsprachige Version unter anderem hier) – wobei Aphra Behn noch weitere spannende Werke geschrieben hat….

Von der frühen Feministin Aphra Behn, die ich über den Briefroman gefunden habe, zurück nach Portugal zu den „Neuen Portugiesischen Briefen“. Die drei portugiesischen Schriftstellerinnen nehmen die berühmten portugiesischen Briefe als gedanklichen Ausgangspunkt. Sie brechen bewußt mit literarischen Traditionen. Ihr Text ist kein „Roman“ im klassischen Sinne, auch kein Briefroman. Das Buch vereint Briefe und andere Texte aus der Gegenwart der Autorinnen mit Briefen und Texten aus der Zeit der Mariana Alcoforado und von fiktiven Menschen (auch Männern) aus der Zeit der „portugiesischen Briefe“. Thematisch geht es um viele Aspekte – um die Situation der Frau, Gewalt in der Gesellschaft, das Rechtssystem und Kolonialkrieg. Mehrere Verlage weigerten sich, das Buch herauszubringen. Als es dann endlich mit einer Auflage von 1380 Stück auf den Markt kam, wurde es nach drei Wochen (und bereits 1200 verkauften Exemplaren) konfisziert. Die Autorinnen wurden (zumindest zeitweilig) verhaftet und ein Prozeß folgte (von 1973 bis 1974). Erst die politischen Veränderungen in Portugal (Nelkenrevolution) haben dazu geführt, dass dieser Prozeß zugunsten der Autorinnen ausging. Die Geschichte der Veröffentlichung, mehr zum Inhalt und zu den Autorinnen kann man gut in diesem ausführlichen deutschsprachigen Dokument nachlesen.

Für das Neue braucht man oft Mut. Gleichzeitig sind alle drei Beispiele – die „Portugiesischen Briefe“, der Briefroman von Aphra Behn und die „Neuen portugiesischen Briefe“ wunderbare Beispiele für die Kraft, die „das Neue“ entwickeln kann.

In diesem Sinne wünsche ich Euch und Ihnen gute Ideen, den Mut, diese Ideen umzusetzen und Menschen, die sich für diese Ideen, Werke und Ergebnisse begeistern und sie teilen (so wie ich das auch gerade tue).

Sammeln…..

In Gedanken habe ich x-mal einen neuen Beitrag zu meinem Jahresthema geschrieben. Dummerweise halt nur in Gedanken…..

Zunächst habe ich ein paar Begriffe gesammelt, die irgendwie mit dem Thema „neu“ zu tun haben.
– Neugier
– Erneuerung
Novelle (kurzer Prosatext) vom lateinischen „novus“ bzw. italienischen „novella“
– Neuanfang
– Neubau
– Neuheit
– neuartig
– Neuankömmling
– Neuland
– Neue Medien
– neudeutsch
– Neuzeit
– Neuerscheinung
– Neuauflage
– Neuigkeit im Sinne von neue Nachricht
– News (Nachrichten) vom englisch „new“

Keine vollständige Liste – wozu auch? Mit manchen dieser Begriffe verbinde ich etwas, mit manchen eher nicht. Alle sind sie einen Blick wert. Aber mein Nichtschreiben der letzten Wochen hängt stark mit den letzten beiden Punkten zusammen. Die Nachrichten der letzten Wochen waren in mancher Hinsicht schwierig, es paßte für mich einfach nicht zu diesem Zeitpunkt einen „leichten“ Beitrag über das Neue zu schreiben. Ich habe vor allem die Nachrichten um das Erdbeben in der Türkei und in Syrien verfolgt, aber natürlich auch zum Krieg in der Ukraine. Ich mußte mich nach all diesen Nachrichten erst einmal „sammeln“. Insofern mag ich die Doppeldeutigkeit von sammeln – etwas sammeln, zum Beispiel Begriffe oder Daten oder sich sammeln, also sich erholen oder sich regenerieren.

Zu den Nachrichten rund um das Erdbeben paßt – mit etwas zeitlichem Abstand – auch der Begriff des Sammelns. Im Jahr 1755 gab es in Lissabon ein großes Erdbeben, dem ein Brand und ein Tsunami folgten. Es war ein sehr schweres Unglück für die Stadt. Die Jesuiten erklärten das die „Strafe Gottes“ für die Reformen sei, der später zum Marquês de Pombal ernannte Minister begann Informationen rund um das Ereignis zu sammeln. Er bittet die Pfarrer des Landes um folgende Informationen: Dauer des Erdbebens, Anzahl der Nachbeben, Schäden, Verhalten der Tiere, Besonderheiten in Brunnen. Aus den Meldungen, die er von den Pfarrern erhält, formt sich ein bis heute erhaltenes Lagebild. Gleichzeitig ist dies der erste Schritt zur modernen Seismologie.
Gleichzeitig entwickelt er erste Gedanken zu erdbebensicheren Gebäuden – große freie Plätze und Häuser, die aufgrund ihrer Bauweise ….. den Schwankungen eines Bebens besser standhalten.
Über das Erdbeben von Lissabon habe ich zuerst in dem – sehenswerten – Terra-X-Beitrag Wilder Planet – Gefahr für Lissabon etwas gelernt.

Das Erdbeben in Lissabon ist gleichzeitig das erste große europäische Medienereignis (wahrlich eine Neuheit!) und (zumindest in Europa) der Beginn der Seismologie. Gleichzeitig ist die Zeit ab circa 1750 eine große Zeit des Sammelns. Von 1751 bis 1780 erscheint die berühmte Enzyklopädie unter ihren Herausgebern Denis Diderot und Jean Baptiste le Rond d’Alembert. Sie soll das gesamte Wissen der Zeit sammeln (!) und der Welt zugänglich machen.
Heute profitieren wir von diesen Sammlungen – nicht nur von dem Gedanken der Enzyklopedie, den wir heute zum Beispiel beim Projekt „Wikipedia“ wiederfinden, aber auch bei der Möglichkeit online nach Informationen zu suchen.

Und heute? Ich muß heute kein Wissen mehr sammeln – es ist allzeit online (und oft auch offline) verfügbar. Trotzdem ist das Sammeln gerade im Hinblick auf das „Neue“ nicht sinnlos. Wie oft stolpere ich über ein Thema, einen Buchtitel oder einen Denkansatz, den ich gerne weiter verfolgen möchte und dann doch wieder vergesse…. Ich habe mir mittlerweile angewöhnt, einen Teil dieser „Dinge“ zu sammeln – interessante Querverweise aus Büchern, Links zu interessanten Themen, die mir online begegnen (Abspeichern der entsprechenden Webseiten oder Emails an mich). Aber es geht natürlich noch besser! Nele Heise hat Anfang des Jahres ihr „Ideentagebuch“ auf ihrem Blog vorgestellt. Der Begriff der „Idee“ paßt für mich nicht unbedingt, aber Gedanken oder Anregungen zu sammeln – aus denen ich dann später etwas machen kann – das finde ich sehr interessant. Das werde ich dementsprechend ein bißchen konkreter angehen, um aus dieser Gedankensammlung dann konkret etwas Neues entwickeln zu können.

Mal sehen, was sich im Laufe des Jahres daraus ergibt.
Wie halten Sie/haltet Ihr es? Sammeln ja oder nein – und wenn ja, wie? Man merkt, ich bin neugierig!

P.S.: was ich beim Schreiben dieses Beitrags tatsächlich gesammelt habe ist eine (aus meiner Sicht spannende) Linkliste zum Thema „Erdbeben in Lissabon“……..

Über Hürden…..

Wo um Himmels willen war ich beim letzten Beitrag gedanklich stehengeblieben? Es ist schon einige Tage her und genau das ist der Grund, warum ich mich heute mit „Hürden“ beschäftigen möchte.
Denn es klingt viel einfacher, etwas anders oder etwas Anderes oder Neues zu machen, als es ist.

Hürde Nr. 1: Anfangen
Die allererste Hürde ist natürlich, überhaupt anzufangen. Wie oft im Laufe eines Jahres denkt man „ich könnte mal“ oder „ich sollte mal“, ohne dass daraus etwas folgt. Wenn man etwas anders machen möchte, dann muß halt irgendwann mit irgendetwas anfangen. Mit dem ersten Schritt, dem ersten Versuch, dem ersten konkreten Festhalten eines Vorhabens. Dieses „Anfangen“ muß in keiner Weise toll oder bemerkenswert sein – es ist einfach der allererste Schritt. Und ja, es fühlt sich gut an, wenn man den allersten Schritt gemacht hat (einen Blogbeitrag geschrieben, einen Gedanken oder eine Idee aufgeschrieben, eine Vokabel in einer neuen Fremdsprache gelernt, ein neues Buch zum Thema gelesen – was auch immer).

Hürde Nr. 2: Weitermachen
Gelegentlich kann es passieren, dass man mit großer Motivation beginnt, sich ein großes Ziel setzt und dann irgendwann nicht weitermacht. Es kann für das Nichtweitermachen sehr viele unterschiedliche Gründe geben – ein zu ambitioniertes Ziel, zu wenig Zeit, persönliche Herausforderungen, die einfach mit mit dem Ziel nicht unter einen Hut gebracht werden können. Und natürlich sind „alte Gewohnheiten“ ein gefährlicher Gegner. Wenn man 21 Tage lang etwas anders (oder neu) gemacht hat, dann soll daraus eine Gewohnheit entstehen. Ich habe dieses 21-Tage-Prinzip im letzten Jahr „entdeckt“, als ich meinen Blogbeitrag über die 21 geschrieben habe. Ich bin bei dieser Zahl ehrlich gesagt skeptisch. Nach 21 Tagen war ich letztes Jahr noch nicht so weit, das abendliche Blogbeitragsschreiben als „Gewohnheit“ zu empfinden. Aber es stimmt auf jeden Fall – je länger man durchhält, etwas zu machen oder auch nicht zu machen, desto größer die Chance, dass man eine Gewohnheit entwickelt.
Für das Spannungsfeld zwischen Anfangen und Weitermachen fand ich einen LinkedIn Beitrag von Dr. Nora Gold sehr spannend und hilfreich. Wenn mein Ziel für dieses Jahr zum Beispiel ist, mehr zu lesen – dann reicht es, wenn ich mir vornehme jeden Tag eine Seite zu lesen (ok, bei mir würde das nicht reichen, sondern zu sehr viel weniger führen….). Aber das Beispiel, einfach mit „ein bißchen mehr“ oder „ein bißchen weniger“ zu starten und das tatsächlich durchzuhalten, ist gut. Es funktioniert auch bei Vorhaben wie „weniger Twitter“ – wenn ich dem Impuls, neugierig in die Timeline zu schauen, jeden Tag einmal widerstehe, dann wird meine Twitternutzung tatsächlich weniger.

Hürde Nr. 3: Durchhalten
Zum Durchhalten gehört der gedankliche Umgang mit dem „Aufgeben“ oder „Scheitern“.
Ich habe das im letzten Jahr gemerkt. Mein Projekt an 365 Tagen jeweils einen Beitrag zu einer Zahl zu schreiben war – wenn man es von vornherein auf das ganze Jahr bezieht – sehr gewagt. Ich habe mir sehr bewußt erlaubt (und das auch immer wieder in den Blogbeiträgen geschrieben), dass ich das Projekt vielleicht nicht bis zum Jahresende durchhalte. Ich habe mir also das Scheitern erlaubt und ich war oft versucht, einfach nicht weiterzumachen. Und irgendwie habe ich mich doch jeden Abend (eine dumme Gewohnheit – ich schreibe die meisten Blogbeiträge am Abend…….) aufraffen können und etwas geschrieben. Dass ich vieles an anderen Tagen vorbereiten konnte (überlegen was paßt, Gedanken und Links in einem Cryptpad sammeln, einen ersten Entwurf schreiben) hat mir an manchen Abenden sehr geholfen.
Interessanterweise habe ich am 2. Januar gemerkt, dass mir das tägliche abendliche Schreiben – Stichwort Gewohnheit – fehlt. Aber es war gut, das Projekt zu diesem Zeitpunkt tatsächlich zu beenden. Und es fühlte sich ehrlich gesagt sehr sehr gut an, durchgehalten zu haben!

Welche Hürden kennt Ihr/kennen Sie und wie geht Ihr/gehen Sie damit um?

Damit wünsche ich Euch und Ihnen ein freudiges und mit möglichst wenig schwierigen Hürden versehenes Verfolgen neuer Gedanken, Ideen und Vorhaben.

Oder anders?

Wie kommt etwas für mich Neues in meine Welt? Das ist die zusammenfassende Frage meines ersten Beitrags. Ich habe in der Zwischenzeit viel über diese Frage und das Thema an sich nachgedacht. Denn: auch wenn ich „das Neue“ auf etwas für mich Neues beschränke, so haftet doch dem Begriff „neu“ immer noch mehr an – gleichzeitig Glanz und Last. Nicht umsonst stehen die ersten Januartage im Zeichen der „Neujahrsvorsätze“ – dabei kann man auch zu jeder anderen Zeit des Jahres Neues beginnen (vielleicht sogar besser!)….

Vor ein paar Tagen habe ich (aus NEUgier) ein paar Menschen gefragt, wie sie selbst auf neue Ideen kommen – die Frage paßte thematisch in dem Moment gut. Interessanterweise haben einige geantwortet, dass sie sich dann um neue Ideen kümmern, wenn es notwendig ist – wenn man also ein konkretes Problem lösen muß. Ein spannender Gedanke – denn einerseits kann ich das durchaus nachvollziehen, andererseits vermute ich, dass es bessere Wege gibt. Aber es paßt zu einem Gedanken, den ich Ende der letzten Woche hatte – was, wenn man „neu“ durch „anders“ ersetzt?

Vor vielen Jahren wollten meine Mutter und ich Silvester ein klassisches Fondue machen. Am Silvesternachmittag machten wir noch einen Spaziergang und meine Mutter erzählte, was sie gleich zuhause zur Vorbereitung des Fondues machen würde. Sie ging alle Schritte durch und stockte plötzlich, denn wir hatten kein Fett im Haus. Wir hatten schlicht und einfach vergessen, diese Zutat zu kaufen und alle Geschäfte hatten schon geschlossen. Was nun? Es war die Zeit „vor“ dem Internet, eine Internetsuche gab es also noch nicht. Ich habe zuhause in ein paar Rezeptheften und Kochbüchern geblättert und ein Rezept für Fondue mit Brühe und Sherry entdeckt. Das hatten wir beides da. Wir haben also ein Fondue mit Brühe gemacht und es hat wunderbar geschmeckt. Es sind diese kleinen Momente, die jeder Mensch mal erlebt hat, die dazu führen, dass wir Dinge anders machen – eine andere Zutat in einem Rezept, ein anderer Weg, eine andere Kombination.

Auch der Komponist Igor Strawinsky hat Dinge kombiniert, die niemand zuvor kombiniert hat. Noch vorsichtig in Petruschka – dort wechselt er von Dur zu Moll und umgekehrt, teilweise gleichzeitig und damit für damalige Zuhörerinnen und Zuhörer völlig befremdlich in Das Frühlingsopfer (Le sacre du printemps) – wo Dur und Moll gleichzeitig erklingen. Aus heutiger Sicht hat er etwas faszinierend und bahnbrechend Neues geschaffen. Dabei hat er – eigentlich – nur die schon bekannten Tonlagen Dur und Moll ganz anders (!) kombiniert. Und ja, ohne die wunderbare Erklärung des Dirigenten (und Generalmusikdirektors) Gabriel Feltz in der Pause des Strawinsky-Ballettabends in Dortmund wäre ich nicht auf dieses Beispiel gekommen.

Das Neue kann also entstehen, wenn ich mit vorhandenen Dingen und Gedanken anders umgehe. Das Ergebnis wird für mich immer wieder anders sein (bei Rezepten nicht notwendigerweise immer gut). Es ist aber etwas, das ich relativ leicht, ohne viel Anstrengung und Nachdenken und ohne Druck immer mal wieder machen kann. Sozusagen ein erster einfacher Schritt!

Damit wünsche ich Euch und Ihnen viel Spaß (und auch Erfolg) dabei, etwas – einfach irgendetwas – anders zu machen als sonst.

Neu?

Am Sonntag habe ich mein persönliches Projekt für 2023 bekannt gegeben – „Wie kommt das Neue in die Welt?“. Und das ist gar nicht so einfach – „DAS Neue“, „DIE Welt“. Wie kann man das Ganze also etwas einfacher angehen? Heute beim Spaziergang habe ich mir überlegt, dass meine erste Frage für mich und vor allem an mich eigentlich sein sollte – „wie kommt etwas für MICH Neues in MEINE Welt?“. Das ist eine Frage, mit der ich – für mich – gut starten kann.

Also: wie kommt etwas für mich Neues in meine Welt? Im Alltag ist oft nicht so viel Platz für Neues. Man geht dieselben Wege, kocht die selben Speisen, beschäftigt sich mehr oder weniger mit denselben Dingen. Das ist auch grundsätzlich in Ordnung – ich will das nicht negativ bewerten. Gerade in Zeiten mit vielen Aufgaben, mit viel Unruhe oder mit vielen Sorgen ist die Beschäftigung mit Neuem nicht „so“ leicht. Und manchmal ist sie dann auch gar nicht so wichtig oder kommt einem zumindest nicht so wichtig vor. Ich habe selbst gemerkt, dass ich in Jahren, die für mich schwierig waren, zum Beispiel weniger gelesen habe und auch sonst oft weniger unternommen habe.

Wie kommt also etwas für mich Neues in meine Welt? Für mich ist es erst einmal wichtig, dass „das Neue“ eben nicht absolut neu sein muß. Es reicht, wenn es für mich in dem Moment neu ist. Das kann also ein neues Buch, ein neues Thema, eine neue Methode, ein neues Rezept, eine neue Frage, ein neuer Weg oder eine neue Perspektive sein. All das kann ich – wenn ich möchte – relativ problemlos in meinen Alltag integrieren. Ich kann zum Beispiel einen Weg, den ich oft gehe, in anderer Richtung gehen. Es ist erstaunlich wie sehr das die Perspektive ändern kann. Ich habe das einmal im Winter erlebt. Ich bin im Laufe des Jahres den Weg zu einem bestimmten kleineren Bahnhof relativ häufig gegangen. An einem schönen Winternachmittag mit Schnee bin ich an diesem Bahnhof ausgestiegen und wollte nach Hause gehen. Was überraschend war – ich fand den Weg erst einmal nicht, denn ich kannte diese Perspektive nicht. Ich bin also in die „richtige Richtung“ losgelaufen und habe mich zwischendurch immer mal wieder umgedreht, um zu überprüfen, ob der Weg (über ein Feld zu einem kleinen Wald) richtig war. Ja, ich habe den Weg gefunden und es war auch gar nicht so schwierig. Aber es war ungewohnt. Und dieses Ungewohnte war wiederum spannend.

Was mache ich also im Moment, um immer mal wieder etwas für mich Neues in meinem Leben zu haben?
– ich lese Bücher und habe mir vorgenommen in diesem Jahr auch mal wieder mehr Sachbücher zu lesen, eben auch zu für mich neuen Themen
– ich gehe in mir noch unbekannte Ausstellungen und Theaterstücke
– ich probiere neue Kochrezepte
– ich gehe neue Wege in meiner Stadt (Wuppertal) aber auch im Umfeld
– wenn ich an interessanten Gebäuden/Denkmälern vorbeikomme, dann lese ich die dazu gehörenden Schilder und Hinweise
– ich versuche, mir selbst gute Fragen zu stellen
– ich lese viele verlinkte Texte (auch zu Themen, mit denen ich beruflich überhaupt nichts zu tun habe – Twitter ist dafür immer noch sehr gut!)
– ich denke zwischendurch immer wieder darüber nach, wie etwas für mich Neues in mein Leben kommt.

Ob es gelingen wird? Wer weiß. Aber in den letzten Tagen hatte ich schon ein paar spannende Überlegungen, die ich demnächst sicher auch „hier“ unterbringen werde.

Damit wünsche ich Euch und Ihnen mit Dvoraks 9. Sinfonie Aus der neuen Welt einen Abend mit gutem Neuem!

Wie kommt das Neue in die Welt? – Projekt 2023

Heute Mittag habe ich einen längeren Neujahrsspaziergang gemacht. Ich bin zum größten Teil den selben Weg gegangen, den ich auch vor einem Jahr gegangen bin. Damals war es etwas später am Tag und es war etwas kälter als heute. Ich weiß noch genau an welcher Stelle des Weges ich den Entschluß gefaßt habe, das Projekt „Assoziationen 2022“ in die Welt zu rufen. Ich habe damals unterwegs lange nachgedacht, zwischendurch ein bißchen recherchiert und am Abend (ich mache solche Dinge meistens am Abend) kurzentschlossen den ersten Beitrag geschrieben.
Auch heute hatte ich eine Idee. Ich habe vor einigen Jahren (nachgeschaut – 2014) mal einen Blogbeitrag mit dem Titel Neues wagen geschrieben. Die Gedanken in diesem Blogbeitrag passen gut zu meinem Vorhaben für 2023 – darüber nachzudenken, wie „das Neue“ in die Welt kommt, also auch zu mir und in meine Welt kommt. Wie kann ich selbst Neuem offen begegnen, über Neues nachdenken oder Neues ausprobieren. Mir selbst (und natürlich den Menschen, die vielleicht gelegentlich meine Beiträge lesen) möchte ich Fragen stellen, ich möchte über passende und unpassende Bücher oder Wege schreiben, über Umwege und Verirrungen und ich möchte überlegen, welchen neuen Themen, Aufgaben oder Fragen ich mich stelle (ja mich, nicht mir – es mag komisch klingen – aber es gut in einem gewissen Sinn darum, dass ich mich dem Neuen „stelle“).

Ich werde definitiv nicht täglich schreiben – das würde zu dem Thema auch nicht passen. Aber ich werde (hoffentlich) relativ häufig festhalten, was mich zu diesem Thema oder eher zu dieser Frage „bewegt“. Für heute möchte ich die wunderbare Frage des BR aus dem Tweet von heute aufgreifen: „Welche neuen Wege wollt Ihr 2023 gehen?“ Mich hat diese Frage heute auf meinem Spaziergang begleitet, sie hat sich zu den Gedanken der letzten Tage gut gefügt. Mal sehen, was sich im Laufe des Jahres ergibt.

Jetzt wünsche ich erst einmal mir, Euch und Ihnen ein gutes NEUES Jahr mit vielen guten neuen Erfahrungen, neuen Erkenntnissen und neuen Fragen.