Viele Autorinnen und Autoren haben einen Vornamen, der mit „S“ beginnt – auch hier wieder eine Frage der Auswahl. Entschieden habe ich mich für Stefan Zweig und sein Buch „Triumpf und Tragik des Erasmus von Rotterdam“. 1934 erschien dieses Buch, das Stefan Zweig wohl 1933 geschrieben hat – in einer Zeit als er selbst mit der Frage rang, ob beziehungsweise welchen Standpunkt er zum damaligen Deutschland beziehen sollte.
Erasmus von Rotterdam – der weise Gelehrte, Humanist, Europäer, Mittler zwischen den Fronten und Pazifist – erschien ihm da wohl als gutes Beispiel, vielleicht sogar als Vorbild. Beim Lesen des Buchs von Stefan Zweig habe ich seine Bewunderung für den Gelehrten, den Mittler und den Pazifisten gespürt – gleichzeitig ist auch (wie schon im Titel) der Gedanke der Tragik präsent. Hätte die Geschichte in Europa einen anderen Verlauf nehmen können, wenn Erasmus als Mittler in Worms präsent gewesen wäre? Was wäre passiert, wenn Erasmus von Rotterdam – so ganz gegen seine Gewohnheit – Stellung bezogen hätte? Ein anderer Verlauf ist denkbar und doch – gerade weil Geschichte nicht theoretisch ist – nicht wirklich vorstellbar. Der Pazifist und Mittler Erasmus von Rotterdam ging im Konflikt um Martin Luther verloren. Er wurde nicht verfolgt, aber er war auch nicht mehr wichtig. Wenn Stefan Zweig dies auf die Zeit um 1933 bezogen hat, wie sehr müssen wir dies dann auch auf unsere Zeit beziehen? Können wir aus der Geschichte von Erasmus von Rotterdam und Martin Luther etwas für uns lernen? Vielleicht gerade weil Stefan Zweig sich darauf bezieht?
In diesem Sinne wünsche ich Euch/Ihnen noch einen friedlichen 18. Dezember.