Die 323.
Wenn man so wie ich in diesem Projekt nur die „Zahl“ an sich betrachtet, dann verfolgt und erzählt man Ereignisse nach dem Jahr „0“ in der richtigen zeitlichen Abfolge (also vom Anfang zum Ende), Ereignisse vor dem Jahr „0“ aber genau andersherum, also vom Ende zum Anfang. Dies führt dazu, dass man die Bedeutung mancher Ereignisse nicht wirklich „sieht“ – also zumindest führt das bei mir dazu. Andererseits: warum nicht gerade „andersherum“? Warum nicht das Ende oder den Tod als Ausgangspunkt nehmen und dann langsam „rückwärts“ schauen?
Alexander der Große – er begegnet uns hier am Ende seines Lebens, denn am 10. Juni im Jahr 323 vor Christus stirbt er. Nicht einmal 33 Jahre ist er zu dem Zeitpunkt. Alexander hat in seinem kurzen Leben viele Kriege geführt und viele Schlachten geschlagen. Aber er stirbt nicht im Kampf. Nach einem „Saufgelage“ bekommt er Fieber, Bauchschmerzen und zunehmend Lähmungen und Erschöpfungszustände. Niemand kann sich das erklären und es gibt durchaus den Gedanken, dass er vergiftet wurde (wir erleben das heute ja auch, wo eine nachvollziehbare Erklärung fehlt, ist eine „Verschwörungstheorie“ nicht weit). Eine aktuelle Hypothese besagt, dass Alexander durch eine Infektion ausgelöst am Guillain-Barré-Syndrom litt und starb. Überprüfen lässt sich das leider nicht, denn das Grab von Alexander ist unbekannt, sein Leichnam verschollen.
Mit Alexanders Tod endet etwas und etwas Neues beginnt. Deshalb gibt es sehr viele Bücher über die griechische Welt, die die Zeit davor bis 323 vor Christus umfassen (zum Beispiel hier) und wiederum viele Bücher, die die Zeit ab 323 vor Christus (zum Beispiel hier) umfassen. Es ist eine Zäsur, die Menschen heute aus ihrem Wissen über die damalige Zeit „sehen“ – ob die Menschen damals den Tod von Alexander auch als so einschneidend und prägend für ihre Zeit wahrgenommen haben?
Nach einem ziemlich langen Leben stirbt auch Diogenes in dieser Zeit, vermutlich sogar in diesem Jahr. Beim Nachlesen ist mir aufgefallen, wie wenig ich über ihn weiß. Das er bewußt und freiwllig in Armut lebte, finde ich einerseits interessant, andererseits für mich persönlich aber nicht nachvollziehbar. Auch ist wohl wenig über sein Leben bekannt, seine Schriften – sofern es welche gab – sind verloren gegangen. Er lebt vor allem in den Anekdoten, die andere Menschen über ihn erzählt haben und noch erzählen, sozusagen ein Prominenter seiner Zeit oder (passend zu seinem Spitznamen „Diogenes der Hund“) bekannt wie ein bunter Hund.
Es gibt eine Fabel von Martin Luther, die gut zu Diogenes, seiner Haltung und dem Thema „Hund“ paßt. Hier von Bedeutung ist aber ein Buch mit 323 Briefen von Luther an wichtige Zeitgenossen und vor allem Gegner. Das ist tatsächlich etwas, das ich demnächst mal lesen werde. Ob es irgendwann auch Email-Sammlungen wichtiger Menschen als Ebook geben wird? Mir fällt dazu gerade nur das von Zygmunt Baumann und David Lyon per Email geführte Gespräch zu Daten, Drohnen, Disziplin ein.
323 gesammelte Werke? Ich weiß nicht, ob alle Werke enthalten sind, aber in der Ausgabe „Gesammelte Werke“ von Conrad Ferdinand Meyer sollen 323 Werke enthalten sein. Ich kenne immerhin seinen Namen, ein kleines Büchlein (Das Amulett) liegt auch auf meinem Stapel, aber ich könnte nicht sagen, dass ich ihn kenne….
Bleibt nur noch Spion 323, der in drei von Paul d’Ivoi geschriebenen Bänden Fälle löst. Ich bin tatsächlich interessiert, das könnte eine gute Lektüre für den Winter oder den Jahresanfang sein.
Damit wünsche ich Euch und Ihnen einen spannenden Abend.