223

Die 223.
In einem gewissen Sinn hat sie mit Leben und Tod zu tun.

Fangen wir mit dem Tod an. Remington 223 ist das Kaliber einer Patrone, die wohl bei der Jagd (für die gejagten Tiere wohl meist tödlich) und Sport (da hoffentlich nicht!) genutzt wird. Mehr dazu noch hier.

Das Leben retten oder zumindest stark die Lebensqualität verbessern kann die Behandlung mit Radium-223 Dichlorid – zum Beispiel bei der Behandlung von Knochenmetastasen bei Prostatakrebs. Spannend, was man alles mit Radium machen kann.

Leben und Tod klang natürlich ein bißchen arg schwarz – weiß. Dazu paßt wiederum das Buch über Zille mit 223 schwarz-weißen Abbildungen.

Doch wieder um Leben und Tod geht es in dem Buch 223 oder Das Faustpfand: Ein Kriminalfall. Das Buch klingt vor allem spannend.

Dramatische Geschichten gab es vermutlich auch rund um den Zöllnerweg (Sentier des Douaniers), der als GR 223 auf 446 Kilometern an der Küste der Normandie entlangführt. Zumindest einen Teil des Weges würde ich gerne entlang laufen – vor allem würden mich die kleinen Geschichten rund um den Weg und die Orte, die er verbindet interessieren.

Damit wünsche ich Euch und Ihnen einen undramatischen Abend mit tollen Aussichten.

222

Die 222.
Eine (schon irgendwie) besondere Zahl.

Für Elagabal (diesen Namen kannte ich bis zu meiner Suche überhaupt nicht….) war das Jahr 222 auch besonders. Allerdings besonders negativ. Oder final. Je nachdem, wie man es ausdrücken möchte. Elagabal war 218 kurz nach Caracalla römischer Kaiser geworden. Allerdings hieß er damals noch anders, nämlich Varius Avitus Bassianus. Als Kaiser nannte er sich dann Marcus Aurelius Antoninus (nicht zu verwechseln mit dem 180 verstorbenen Marc Aurel). Um Kaiser zu werden gab er sich als unehelicher Sohn von Caracalla aus und startete eine Militärrevolte gegen Macrinus (der wiederum an der „Beseitigung“ von Caracalla beteiligt war). Zumindest in einem Punkt sind Caracalla und Elagabal sich ähnlich – Elagabal war fürchterlich unbeliebt, sein Name stand für Lasterhaftigkeit und Dekadenz. Sein Name und sein Andenken wurden sogar verdammt, ein höchst offizieller Vorgang, mit dem sehr unbeliebte Personen aus der Geschichte entfernt wurden.

Vielleicht hätte Elagabal so etwas wie den Film Room 222 gebraucht, in dem ein Lehrer den Schülern Toleranz beibringen will (und wohl – soweit ich das aus der Zusammenfassung herauslese – erfolgreich ist). Dann hätte er vielleicht länger und glücklicher gelebt.

Er war halt ziemlich daneben, man könnte auch sagen verstrahlt. Das paßt wiederum gut zu Radon, auch als Rn 222 angegeben. Radon ist ein natürlich vorkommendes Radionuklid (und mehr schreibe ich zu diesem Thema besser nicht, ich habe von diesem Bereich so gar keine Ahnung…..). Interessanterweise „kenne“ ich Radon aus Bad Gastein – konkret aus dem Gasteiner Heilstollen. Ich war vor einigen Jahren während eines Urlaubs mal in dem Stollen – das fand ich wirklich sehr spannend und erholsam (und nein, das schließt sich nicht aus).

Hoch hinaus – nämlich zur Basilika Sacré Coeur de Montmartre – führen die 222 Treppenstufen in der Grünanlage Square Luise Michel. Und ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich über diese Treppen gegangen bin, als ich vor vielen Jahren dort war….

Rituale sind wichtig – dazu gehören auch Einschlafrituale. Wie schön, dass es 222 Geschichten zur Guten Nacht gibt. Ob das auch bei Erwachsenen noch funktioniert? (Meine Mutter ist im Alter regelmäßig eingeschlafen, wenn ich ihr etwas vorgelesen habe…….).

Damit wünsche ich Euch und Ihnen einen guten Abend und (später) ein gutes Einschlafen.

221

Die 221.
Eine Adresse, die fast jeder kennt. 221B Baker Street lautet diese Adresse. Und wem gehört sie?

Na, gewußt? Es ist die Adresse von Sherlock Holmes. Als Sherlock Holmes seine berühmten Fälle löste und unter dieser Adresse logierte, gab es in der echten Baker Street noch keine Hausnummer 221. Erst 1932 wurde die Straße so weit erweitert. Im März 1990 wurde die 221B dem Sherlock-Holmes-Museum „zugeordnet“, in Wirklichkeit befindet sich das Museum in einem Haus zwischen 237 und 241 Baker Street.

Sherlock Holmes war ja ein Mensch (vielleicht sollte ich besser schreiben „eine Figur“) mit besonderen Fähigkeiten. Einige dieser Fähigkeiten könnten für das Überleben in schwierigen Situationen durchaus hilfreich sein. Wer diese Fähigkeiten (noch) nicht hat, könnte spannende Informationen im Survival Manual für Jäger und Sammler: 221 traditionelle Fertigkeiten fürs Überleben finden. Ich werde das allerdings nicht lesen, für solche Dinge bin ich herzlich ungeeignet…..

Mich reizen dann eher die Nachfolgerinnen und Nachfolger von Sherlock Holmes. Das Buch Murder at 221 Beacon Hill könnte – nicht nur wegen der passenden Hausnummer – ein gutes Buch für die Winterzeit sein.

Damit wünsche ich Euch und Ihnen einen spannenden und gleichzeitig entspannten Abend.

220

Die 220.

Ich habe bei der 220 ziemlich schnell an 220 Volt gedacht. Oder an 230. Und dann war ich mir so gar nicht sicher, was nun stimmt…. In gewisser Weise beides. Bis 1987 hatten wir in Deutschland eine Netzspannung von 220 Volt. Auch in Österreich und der Schweiz war das so. Allerdings hat mich sich 1983 in einem internationalen Vertrag in Europa auf eine Standardnetzspannung von 230 Volt geeinigt. Diese hat Deutschland dann ab 1987 eingeführt.

Energie braucht man natürlich zum Kochen. Gleich zwei schöne Beispiele habe ich für die 220 gefunden – einmal 220 Gerichte der französischen Alltagsküche von Paul Bocuse und dann noch 220 klassische und moderne Rezepte aus Kenia (ein Land von dem ich sehr wenig weiß….).

Kein Essen ohne Obst und Gemüse und kein Obst und Gemüse ohne Bienen. Umso wichtiger ist es natürlich zu wissen, mit welchen Pflanzen man Bienen anlocken und unterstützen kann. Dafür könnte das Buch Bienenweide: 220 Trachtpflanzen erkennen und bewerten gut geeignet sein.

Lieber ein paar außergewöhnliche Aufgaben? Für mich nicht, aber vielleicht ist dieses Thema für andere Menschen interessant und auch dafür gibt es (natürlich) ein Buch – 220 extraordinary tasks for ordinary people – bei den normalen Leuten fühle ich mich dann wenigstens angesprochen!

Aber Aufgaben? Nein. Wirklich nein. Ich hatte kurz in das Buch hineingeschaut…..
Dann lieber 220 Stufen hoch und runter – im Schweriner Dom oder im Rathausturm in Rothenburg ob der Tauber.

Damit wünsche ich Euch und Ihnen einen Abend mit guten Ausblicken und viel Energie.

219

Die 219.

Ein Roman von einem jamaikanischen Autor, der mittlerweile in den USA lebt – Rooms 219 Life and Death heißt das Werk. Es war etwas schwieriger, etwas zum Inhalt zu finden – aber ich war dann doch erfolgreich. Mein Genre ist es eher nicht (zuviel „Liebe“ und „Beziehung“).

Ich finde das Buch mit den 219 Biographien zur Portrait-Sammlung von Robert Wiedersheim spannend. Der Gedanke, dass diese Menschen (vermutlich ausschließlich Männer – aber das ist ein anderes Thema) Wegbereiter unseres heutigen naturwissenschaftlichen Wissens sind, ist sehr interessant. Es erinnert mich an ein portugiesisches Buch, das ich vor kurzem über Alzheimer gelesen habe. Es war spannend, die Biographien der Menschen aus seiner Zeit zu verfolgen (weil es ein Roman war, waren ein paar Personen „eingeschmuggelt“ – das ließ sich aber gut herausfinden). Hier sind es also echte Biographien zu den Persönlichkeiten von denen Wiederheim Portraits gesammelt hat. Die dadurch aufgezeigten Querverbindungen zwischen diesen Menschen sind sicherlich sehr interessant.

Passend zum Thema Wissenschaft ist der Bannwaldturm mit seinen 219 Stufen. Der Bannwaldturm wurde gebaut um so – von der Aussichtsplattform – die Wiedernässung des Rieds und die damit verbundenen Veränderungen in der Landschaft und im Wald besser beobachten zu können. Schon sehr interessant!

Damit wünsche ich Euch und Ihnen einen Abend mit interessanten Erkenntnissen und Querverbindungen.

218

Die 218.

Hannibal. Die Alpen. 37 Kriegselefanten.
Ja, das war 218 vor Christus. Ich hatte immer im Hinterkopf, dass Hannibal mit den Elefanten die Alpen überquert hat. Aber ich hätte es nicht konkret zeitlich einordnen können (und wahrscheinlich werde ich die konkrete Jahreszahl auch schon bald wieder vergessen). Für die Menschen, die vorher noch nie Elefanten gesehen hatten, muß das ein fürchterliches Erlebnis gewesen sein. Erstaunlich ist auch, dass alle 37 Elefanten die Alpenüberquerung, die nur 16 Tage dauerte, überlebten. Leider starben sie dann (bis auf Hannibals Elefant) in den Wintermonaten. Mehr zu Hannibals Alpenüberquerung und seinem Kampf gegen Rom noch hier, hier und hier.

Eine Alpenüberquerung ist für uns heute zwar immer noch eine spannende Fahrt, aber eigentlich keine besonders große Reise mehr. Klar, die Aussichten sind oft spektakulär und – wenn man sich Zeit nimmt – kann man die Fahrt auch richtig genießen. Wirklich weit fühlt es sich trotzdem nicht an. Die Welt ist „kleiner“ geworden – eben weil wir viel von der Welt kennen. Dazu gehören auch Rezepte aus unterschiedlichen Ländern. Ich finde daher die Idee, dass man die Welt in 218 Rezepten bereisen kann sehr schön. Ich werde auf jeden Fall mal neugierig in dieses Buch schauen….

Für die Römer war die Ankunft von Hannibal mit seinen Soldaten und Elefanten der pure Horror. Wir können heute Bücher lesen, um ähnliche Gefühle zu erleben. Zum Beispiel das Buch Stanza 218 (also Raum 218). Es klingt nicht uninteressant, aber zuviel Schrecken mag ich auch nicht…..

Beim Buch 218 Erste Umarmungen bin ich mir nicht sicher, was eigentlich dahinter steckt. Es fehlt eine für mich passende Beschreibung. Die Zeilen, die ich überflogen habe, klingen aber eher „dunkel“, was natürlich ein Irrtum sein kann. Ich werde es wohl nie erfahren, meine Neugier ist zumindest in diesem Fall nicht groß genug….

Wirklich positiv ist wohl das Buch 218 Innovative And Inspiring Ways To Find Writing Ideas. Nicht, dass ich im Moment in der Richtung irgendeinen Bedarf hätte, nein, wirklich nicht – aber es ist auch so „nett“ zu lesen (finde ich zumindest).

Damit wünsche ich Euch und Ihnen einen ideenreichen und inspirierenden Abend.

217

Die 217.
Der letzte lebendige Auftritt von Caracalla. Dann der dramatische Abgang durch ein Attentat. Es wäre untertrieben, Caracalla als unbeliebt zu bezeichnen. Zu grausam war seine Regierungszeit. Sein Ende fand er mit heruntergelassenen Hosen auf dem Abort, der Attentäter schlug zu als alle wegschauten……

Es ist nicht ganz unpassend, das ausgerechnet in dem Jahr im Kolosseum durch Blitzschlag ein größerer Brand entsteht, der tatsächlich – wegen der notwendigen Renovierung – zu einer längeren Unterbrechung (bis 238) führte.

Überhaupt die Natur – im Jahr 217 vor Christus wurde Alexandria in Ägypten von einem Erdbeben erschüttert. Nach historischen Quellen starben wohl 75.000 Menschen – diese Zahl läßt sich natürlich nicht überprüfen.

Das führt mich zum Thema Umgang mit dem Tod, denn auch da spielt die 217 eine wichtige Rolle. Es geht um § 217 StGB und das darin bisher enthaltene Verbot der geschäftsmäßigen Selbsttötung. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 26. Februar 2020 diese Vorschrift für verfassungswidrig erklärt und festgehalten, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben enthält. Eine meiner Ansicht nach sehr wichtige Entscheidung (ich habe meine Mutter 2017 beim Sterben begleitet und habe daher eine sehr konkrete und deutliche Haltung zum Thema Sterben und Umgang mit dem Tod. Meine Berichte aus dieser Zeit findet man ab hier und zum Runterscrollen hier.)

Mit der Kantate „Gedenke, Herr, wie es uns gehet“ von Bach – BWV 217 – möchte ich diesen Beitrag abschließen und etwaige traurige Gedanken (zumindest für den Moment) verscheuchen.

Damit wünsche ich Euch und Ihnen einen Abend voller Zuversicht.

216

Die 216.

Das Jahr 216 vor Christus war für die Römer ein durchaus traumatisches Jahr. Denn der Erzfeind Hannibal war in der Nähe der Stadt und der Stadttore. Interessanterweise wurde das später als „Hannibal ad portas“ und als (gedankliche) Bedrohung mit einer großen Gefahr als „Hannibal ante portas“ bezeichnet. Cicero hat so – viel später – in seinen Reden vor Marcus Antonius gewarnt. In der Schlacht von Cannae, die in jenem Jahr stattfand, hat Hannibal die Römer jedenfalls vernichtend geschlagen. Folge dieser verlorenen Schlacht war im Jahr 215 vor Christus dann die „Lex Oppia“ (siehe Ziffer 215).

Damals war man natürlich – soweit man kein Pferd oder keinen Elefanten hatte – in großem Ausmaß zu Fuß unterwegs. Für die Römer und auch für die Karthager wäre daher eine Turm- oder andere Treppenbesteigung kein Problem gewesen. Allerdings nicht auf Knien – wie bei den 216 Stufen der Wallfahrtsstätte Rocamadour. Ich mag solche Orte – auch wenn ich die Stufen definitiv nicht auf Knien „überwinden“ würde.
Auch der Köthener Treppenlauf – bei dem man nach 216 Stufen die Brücke zwischen den beiden Kirchtürmen erreicht – wäre eher nichts für mich. Ich nehme mir gerne die Zeit, den Auf- oder Abstieg zu genießen und immer mal wieder um mich zu schauen.
Die Aussichtsplattform der St. Nikolaikirche in Potsdam könnte für einen solchen Besuch mit ihren 216 Stufen genau der richtige Ort sein.

Bei solchen Ausflügen und Spaziergängen habe ich – natürlich – immer mindestens ein Buch dabei. Hier würde das Buch Chambre 216 wohl gut passen, auch wenn ich außer „chroniques et poèmes“ nichts über das Buch herausgefunden habe.

Jetzt lasse ich diesen Beitrag mit dem Violinkonzert Nr. 3 G-Dur – KV 216 – ausklingen.

Damit wünsche ich Euch und Ihnen einen entspannten Abend ohne unerwünschte Besuche.

R: „Die weiße Garde“ von Michail Bulgakow

Ein Buch über Befreiung – das ist gar nicht so einfach. Ja, natürlich gibt es viele Bücher, die mit dem Thema „Befreiung“ zu tun haben und ich habe auch schon viele gute Bücher dazu gelesen, aber ich hatte kein Buch griffbereit, das mich reizte. Aber: was ist eigentlich Befreiung? Wovon? Von wem oder von was? Ich mußte an die Ukraine denken – die ganz eindeutig um ihre Freiheit kämpft und für die eine erfolgreiche eigene Befreiung ein wunderbarer Erfolg wäre (und hoffentlich auch sein wird!).

Bei dem Stichwort „Ukraine“ fiel mir dann das Buch „Die weiße Garde“ von Michail Bulgakow ein. Das Buch spielt während der Bürgerkriegszeit (im Winter 1918). Bulgakow selbst stammte aus Kiew, hat sich aber – wenn ich es richtig gelesen habe – selbst nicht als Ukrainer sondern als Russe verstanden. In dem Buch schildert er die Geschichte der Familie Turpin und ihrer Freunde während dieser Zeit. Die drei Geschwister Alexej, Jelena und Nikolka haben kurz vorher ihre Mutter verloren und leben jetzt mit Jelenas Mann in einer Wohnung. In der Stadt (der Roman spielt in Kiew, die Stadt selbst wird aber nie namentlich genannt, sondern immer nur als „STADT“ bezeichnet) haben sich viele versammelt, die vor den „Roten“ geflohen sind. Die Lage ist unübersichtlich – es gibt die Deutschen, es gibt den Hetmann, es gibt die „Roten“ und es gibt die Männer von Petljura. Talberg, Jelenas Ehemann, verläßt die Stadt mit den Deutschen. Danach wird die Lage unübersichtlich. Das, was ich bisher in einigen guten Vorträgen über ukrainische Geschichte gehört und in dem ein oder anderen Buch über die Geschichte der Ukraine auch gelesen habe, wird hier zur konkreten Geschichte einer Familie (wobei die Geschichte vermutlich zu einem guten Teil auf den persönlichen Erfahrungen von Bulgakow basiert, der – wie Alexej – auch Arzt war).

Wer möchte also von wem befreit werden? Wer soll gewinnen? Und wie kann man überleben? Das sind Fragen, die dieser Roman an einem kleinen zeitlichen und persönlichen (die Geschwister Turpin) Ausschnitt aufgreift. Es sind so grundlegende Fragen wie „habe ich jetzt Angst“, die sich Nikolka vor seinem ersten Einsatz stellt, aber auch der Umgang mit dem Zufall – habe ich Glück und überlebe ich oder habe ich Pech und überlebe nicht? Was wäre gewesen, wenn ich den anderen Weg genommen hätte? Es ist das Schicksal, das an vielen Stellen in diesem Buch entscheidet. Und (fast) jeder hat ein anderes Ziel, es eint sie eigentlich nur, dass sie überleben wollen.

R: „Sommerfrische – Kulturgeschichten aus vergangenen Tagen“ von Thomas Stiegler

„Die Sommerferien beginnen!
Lies ein Buch, das im Sommer oder in den Ferien spielt!“
Das war eine der Aufgaben der Bookloverchallenge für den Monat Juli. Ich war erst ein bißchen ratlos. Ja, es ist Sommer, aber ich habe keine Ferien und ein Urlaub ist auch nicht geplant. Eher zufällig habe ich in dem Moment das Ebook „Sommerfrische – Kulturgeschichten aus vergangenen Tagen“ angefangen. Ohne es zu vorher zu ahnen hatte ich mein Buch für diese Aufgabe und viele inspirierende Texte für diesen Sommer gefunden. Thomas Stiegler (dem ich auch auf Twitter folge – hier sein Twitteraccount) ist der Herausgeber dieses wunderbaren Buches, viele Autorinnen und Autoren haben Geschichten für dieses Buch geschrieben.

Schon das Vorwort hat mich gepackt. Wo kommt eigentlich unsere Idee von Urlaub her? Was ist eine Sommerfrische? Und was ist der Unterschied? Eine schöne Erläuterung, die mich dazu brachte, dass mein „Nichturlaub“ in diesem Jahr nun keinesfalls ein Nachteil ist, sondern mir (vor allem mit dem 9-Euro-Ticket) eine Möglichkeit gibt, meine eigene „Sommerfrische“ in Ausflügen aus der Stadt in die Umgebung zu gestalten. Ich habe – mit dem Buch im Gepäck – unterschiedliche Ausflüge unternommen. Wandern am Rhein von Bonn-Mehlem nach Remagen, Museumsbesuch (mit der wunderbaren Hexenausstellung) und Spaziergang in Arnsberg, Neanderlandsteig von Velbert nach Heiligenhaus (und zurück) und Ausflug nach Borken und Gemen mit Wanderung an der Borkener und Bocholter Aa – waren meine „Highlights“ im Monat Juli (und ja, ich hatte auch noch andere Bücher dabei). Aber ich hatte immer das Gefühl einen besonderen Sommer zu genießen. Eben den „Sommerfrische-Sommer“.

Liebevoll ausgewählte Gedichte (zum Beispiel von Ringelnatz, Rilke und Fontane) und längere interessante Geschichten über besondere Menschen (Fontane, Thomas Mann) und Orte (Bad Ischl, Bad Teinach) wechseln sich ab. Nichts von dem, was ich gelesen habe, war mir vorher in diesen Einzelheiten bekannt. Interessanterweise konnte ich an vielen Punkten gedanklich anknüpfen – mit eigenen Gedanken, Geschichten und Erinnerungen. In der Geschichte zu Fontane an meinen eigenen Harzurlaub in Wernigerode mit Wanderungen und Ausflug nach Quedlinburg vor ein paar Jahren, in der Geschichte über die Gärten in und um Augsburg an meine kurze Augsburgreise im letzten Jahr, bei der ich auch die Fuggerei besichtigt habe und viele der anderen genannten Orte und bei der Geschichte zu Beethoven an die Beethoven-Ausstellung in Bonn, die ich Anfang 2020 (kurz vor Beginn der Pandemie) besucht habe. Herzlich gelacht habe ich bei der Schilderung einer Urlaubsreise in der viktorianischen Zeit. „Die Kickleburys am Rhein“ von Thackeray werde ich auf jeden Fall lesen (ich war witzigerweise als ich diese Geschichte las selbst am Rhein…..). Die Geschichte zum Bodensee und zur Insel Mainau hat mich an eine kurze Ferienreise kurz vor meinem Abitur erinnert. Mit meiner Mutter und meiner Tante war ich ein paar Tage in Langenargen und von dort aus haben wir (unter anderem) Friedrichshafen, Konstanz und die Mainau besucht. Es war schön, beim Lesen in diesen Erinnerungen zu schwelgen und gleichzeitig mehr über diese Orte zu lernen. Die Geschichte über die Thomas Mann und die kuhrische Nehrung erinnerte mich an ein Buch über die kuhrische Nehrung, dass ich vor langer Zeit gelesen habe (ich kann mich nur leider nicht an den Titel erinnern…..). Schließlich noch die Hirschquelle aus Bad Teinach (ein Mineralwasser, das meine Mutter früher bei Sodbrennen getrunken hat) und die Erwähnung des Orten Calmbach, wo ich einige Ferientage meiner Kindheit und Jugend verbracht habe, da meine Großeltern väterlicherseits und zwei Geschwister meines Vaters dort lebten.

Andere Orte – wie zum Beispiel Bad Ischl oder auch die französischen Küstenstädtchen der Normandie klangen so interessant, dass ich in Gedanken mitgereist bin. So hatte ich eine doppelte Sommerfrische – ich reiste lesend und ich las reisend, auf dem Weg zu meinen eigenen Ausflugszielen.

Es ist die Vielzahl der unterschiedlichen Geschichten, Einblicke und Sommerfrischen, die dieses Buch so besonders macht. Die Geschichten und auch die Texte zu den Dichtern der ausgesuchten Gedichte enthalten liebevolle Details ohne zu lang oder gar langweilig zu sein. Sie informieren ohne belehrend zu wirken und sie lassen den Genuß der Sommerfrische von der Seite zum Leser und zur Leserin springen. Zusätzlich gibt es nach jeder Geschichte noch weitere Informationen und Links, was ich wirklich gut finde. Ein wirklich schönes Sommerbuch!