Wer meine Tweets über einen längeren Zeitraum verfolgt hat, weiß, daß ich gerne ins Theater gehe – in den letzten 12 Monaten war ich dort besonders oft. Was liegt also näher, als hier eine Kategorie „Theater“ einzurichten. Nach langem Nachdenken habe ich mich entschieden, meine „Theaterereignisse“ jeweils nach Kalenderjahren festzuhalten. Der Gedanke der Spielzeit paßt für mich nicht.
Das Leben als Bühne?
„All the world’s a stage, and all the men and women merely players“ hat schon Shakespeare geschrieben (übrigens ein wunderbarer Text!). „And one man in his time plays many parts“ geht es im Monolog aus „As you like it“ weiter – ein Text der zeitlos passend und richtig ist. Dahrendorf hat das in seinem Buch „Homo Oeconomicus“ im Hinblick auf soziale Rollen untersucht und festgehalten, Erving Goffmann hat zu diesem Thema das Buch „Wir alle spielen Theater“ geschrieben – auf der Rückseite meiner Ausgabe steht sehr treffend „Wie die menschliche Komödie gespielt wird“.
Es ist ein Teil der menschlichen Probleme und Herausforderungen, daß wir in unserem Leben in unterschiedlichen Rollen auftreten, an die wir selbst und auch andere jeweils Erwartungen knüpfen. Das ist dort noch ziemlich einfach, wo wir einem Menschen (fast) immer nur in derselben Rolle gegenübertreten. Schwierig wird es dann, wenn wir „unterwegs“ die Rolle wechseln – zum Beispiel wechseln müssen, weil sich etwas verändert hat. Das wäre dann der Zeitpunkt, um über Erwartungen – eigene aber auch „fremde“ – an diese neue/geänderte Rolle zu sprechen. Leider passiert das nur selten – zumindest isst das meine Erfahrung.
„Ich bin immer noch derselbe“ schrieb mir jemand vor einem Jahr. Ja, das mag sein – aber er hatte mir gegenüber seine Rolle und damit sein Verhalten geändert, seine Erwartungen an sich selbst und (unkommuniziert) an mich waren damit ebenfalls verändert. Erwartungen kann man aber nur „erfüllen“ oder „hinterfragen“, wenn man sie kennt.
Was hat das mit den Theaterbesuchen zu tun?
Viel und gleichzeitig wenig.
Ich habe im letzten Jahr in vielen Vorstellungen gesessen und oft gedacht „der Autor hat das Stück nur für mich geschrieben“. Ja, falscher Gedanke. Aber dieser Moment, sich selbst und seine Situation zu erkennen, war wertvoll. Es hat mich nachdenklich gemacht, hat mich über meine Rollen und meine Erwartungen nachdenken lassen und hat mir viele Einblicke ermöglicht.
Vieles hat mich „nur“ persönlich bewegt, vieles war aber auch gesellschaftlich relevant. So haben mir die Theaterbesuche zum einen – und das war extrem wichtig – Lebensfreude geschenkt, aber auch Nachdenkmaterial über meine persönliche Situation und die gesellschaftliche Situation.
Es ist an der Zeit, ein paar dieser Gedanken zu teilen, daher habe ich nun diese neue Kategorie eingerichtet.